«Das HORA ist schnell erwachsen geworden»
Theater HORA und die Stiftung Züriwerk bedauern, darüber informieren zu müssen, dass der anstehende Lehrgang 2018 – 2020 der Schauspielausbildung von Theater HORA aus betrieblichen und strukturellen Gründen nicht durchgeführt werden kann. Dazu ein Interview mit Reto Fausch, Direktor der Stiftung Züriwerk.
Reto Fausch, das Theater HORA sorgt wegen der ausgesetzten Schauspiel-Lehrgangs momentan für Diskussionen. Steckt es in der Krise?
Das Gegenteil ist der Fall. Das Theater HORA ist eine einmalige Erfolgsgeschichte. Es gibt schauspielerisch begabten Menschen mit einer kognitiven Beeinträchtigung eine grosse Bühne. Der Erfolg dieses Konzepts lässt das Theater HORA nun an die Grenzen stossen. Das bringt neue Herausforderungen mit sich, die wir lösen müssen und lösen werden. Das ist unsere Aufgabe.
Das Theater HORA ist also nicht in seiner Existenz gefährdet?
Davon kann keine Rede sein, im Gegenteil. Wir sind dabei, neue Wege zu finden, wie wir nach der erfolgreichen Pionierzeit das HORA in eine langfristig starke Zukunft führen können. Das Theater Hora ist schnell erwachsen geworden, vielleicht zu schnell. Dieser an sich erfreuliche Umstand fordert auch die Mitarbeitenden ausserordentlich stark und belastet teilweise. Da dürfen wir nicht tatenlos zuschauen, sondern müssen eine nachhaltige Entwicklung sicherstellen, die den weiteren Erfolg garantiert.
Wo liegen die Probleme?
Der Aufbau des Theaters HORA in den letzten Jahren beruht wie gesagt auf einer eindrücklichen Pionierarbeit. Weil das Ensemble wegen des Erfolgs ständig wächst, stösst HORA an seine Kapazitätsgrenzen. Für die nächsten Jahre gibt es im bald 20-köpfigen Ensemble leider keine freien Plätze für Schauspielerinnen und Schauspieler. Das ist auch der Grund, weshalb wir gezwungen sind, den im Herbst geplanten Ausbildungs-Lehrgang 2018 auszusetzen. Das bedaure ich persönlich sehr. Dieser Lehrgang wird allerdings nur ausgesetzt und nicht gänzlich gestrichen. Dies möchte ich betonen.
Doch weshalb erfolgte die Aussetzung des Lehrgangs so kurzfristig?
Das ist eine berechtigte Frage. Wir sind verpflichtet, dass wir nur junge Erwachsene ausbilden, denen wir nach dem zweijährigen Lehrgang eine Anstellung im Theater HORA anbieten und garantieren können. Dieser Umstand ist seit Jahren bekannt. Nun mussten wir feststellen, dass dies nicht möglich ist. Das tut uns ausserordentlich leid, besonders für jene talentierten Menschen, die sich auf diese Ausbildung riesig gefreut haben. Wir könnten jedoch das Versprechen und die Verpflichtung, ihnen nach der Ausbildung eine Stelle anzubieten, derzeit nicht einlösen.
Gegen die Sistierung des Lehrgangs bildet sich Widerstand, unter anderem wehren sich Eltern der Bertoffenen öffentlich dagegen. Was sagen Sie dazu?
Ich kann die Enttäuschung, besonders der betroffenen jungen Erwachsenen, sehr gut verstehen. Ich wäre in ihrer Situation genauso traurig. Sie haben sich gefreut und brauchen nun eine alternative Lösung. Deshalb war es uns wichtig, von Anfang an den persönlichen Kontakt zu pflegen. Wir wollen für die betroffenen jungen Erwachsenen gemeinsam mit ihren Eltern eine neue Perspektive finden.
Die Aussetzung des Lehrgangs hat auch personelle Konsequenzen. Warum?
Auch diesen Entscheid mussten wir schweren Herzens treffen. Denn Urs Beeler hat hervorragende Pionier- und Aufbauarbeit geleistet, die grössten Respekt verdient. Leider fällt seine Stelle mit dem ausfallenden Lehrgang weg.
Sie sind erst seit kurzem Direktor der Stiftung Züriwerk. Wollen Sie hier einfach ein Zeichen setzen?
Das hat nichts mit mir persönlich zu tun. Wir sehen uns jedoch als Führungsteam in der Verantwortung, gemeinsam mit allen Beteiligten das Theater HORA in eine starke Zukunft zu führen und die aktuellen Herausforderungen zu lösen. Auch wenn dies momentan unangenehme Konsequenzen hat und verständlicherweise auch Irritationen auslöst.
Welche Lösungsvorschläge sehen Sie?
Prioritär ist, dass wir für die sechs direkt betroffenen jungen Erwachsenen eine alternative Lösung finden. Wir können – sofern gewünscht – viele spannende Möglichkeiten und Alternativen auch innerhalb der Stiftung Züriwerk bieten. Züriwerk hat allen Betroffenen angeboten, sie bei der nicht einfachen Suche nach einem Ausbildungsplatz zu unterstützen. Parallel dazu arbeiten wir mit Hochdruck an der langfristigen Weiterentwicklung des Theaters HORA, wobei wir auch die Theaterlandschaft und künstlerische Aspekte berücksichtigen müssen. Dafür wollen wir uns Zeit nehmen und sorgfältig vorgehen. Wir werden auf jeden Fall informieren, wenn konkrete Schritte geklärt sind.
Interview: Sabine Klapper