Zwei Eishockey-Fans auf der Kurve
Eine Geschichte mit Herz die zeigt, warum Freiwilligenarbeit so wichtig ist.
Perfect match
Freiwillige Engagements sind für Menschen mit Beeinträchtigungen eine wertvolle Ergänzung der professionellen und familiären Betreuung. Die Stiftung Züriwerk sucht laufend Interessierte für verschiedenste Einsätze, von sporadischen Fahrdiensten bis zu regelmässigen Freizeitaktivitäten. Dass Freiwilligenarbeit für beide Seiten Freude und Erfüllung bringt, zeigt die Geschichte von Tom und Diego.
Kurz vor Anpfiff. Die Lakers-Fans in der Lidokurve stehen dicht an dicht. Die Anspannung ist fast mit Händen zu greifen. «Mir wänd voraa!» Der Anheizer mit dem Megaphon stimmt an, die Menge fällt in den Sprechchor ein. Alle sind bereit, den Emotionen freien Lauf zu lassen.
Mitten im Pulk stehen Tom und Diego mit erwartungsfrohen Minen. «Ich gehe einfach gern an Lakers-Matches, es macht so viel Spass.» Für Tom ist der Ausflug in die Eis-Arena in Rapperswil mehr als ein netter Zeitvertreib, er ist mit Leib und Seele, mit voller Hingabe dabei. Die Spiele sind Höhepunkte im trüben Winter, wenn er in die laute und bunte Menge eintauchen kann, viele bekannte Gesichter trifft, überall gegrüsst wird und Freude und Frust mit den anderen Fans teilen kann. Möglich ist das alles dank Diego und der Freiwilligenarbeit von Züriwerk.
Tom und Diego sind nicht zum ersten Mal hier, die beiden besuchen schon seit 10 Jahren zusammen Hockeymatches. Und das kam so: Diegos Schwester Andrea arbeitete schon einige Jahre bei der Stiftung Züriwerk, als sie aufschnappte, dass ein Bewohner der «Platte» in Bubikon eine Begleitung ins Eisstadion suchte. Sie dachte sofort an ihren Bruder, der das Stadionerlebnis als ehemaliger aktiver Hockeyaner besonders schätzt. Und da beide Geschwister in einer Familie aufgewachsen sind, in der das Engagement für Menschen mit Beeinträchtigungen ganz selbstverständlich dazugehörte, war die Verbindung schnell hergestellt. Es war von Anfang an ein perfekter «match».
In der Zwischenzeit haben sie über 20 Spiele zusammen verfolgt, sich sehr gut kennengelernt und noch weitere Gemeinsamkeiten entdeckt. Zum Beispiel ihr Showtalent. So ergab es sich, dass sie an einem Geburtstagsfest von Diego zusammen die Bühne rockten und «Alperose» performten – vor einem 200-köpfigen Publikum. Ein für alle Beteiligten unvergessliches Erlebnis. «Das würde ich schon wieder einmal machen.», sagt Tom schmunzelnd.
Die meisten Freiwilligeneinsätze sind weniger intensiv. «Oft ist nur eine Wegbegleitung oder ein Fahrdienst gefragt, so dass persönliche Hobbys gepflegt oder Ferienangebote in Anspruch genommen werden können.», sagt Susanne Widmer, die die Freiwilligeneinsätze bei der Stiftung Züriwerk koordiniert. «Für unsere Bewohnerinnen und Bewohner, die nicht selbstständig unterwegs sein können, ist eine private Unterstützung enorm wichtig, um individuelle Bedürfnisse und Interessen ausleben zu können.»
So ist es auch bei Tom. So gross seine Leidenschaft für den Sport auch ist, er kann die Spiele nicht allein besuchen und ist bei jedem Stadionbesuch auf eine Begleitung angewiesen. Diese Unterstützung bedeutet ihm viel, das ist deutlich zu spüren. «Diego holt mich immer ab. Wir haben schon viel zusammen erlebt.», sagt Tom.
Auch ein Angehöriger bekräftigt, wie wichtig die Freiwilligeneinsätze für Menschen mit Beeinträchtigungen sind. «Die Ausflüge und Besuche tun Tom gut, das erzählt er immer wieder. Er kann sich so mit anderen Menschen treffen und austauschen. Das ist eine Bereicherung und Ergänzung zum Alltag, der viele Routinen enthält. Die Erfahrungen mit Menschen ohne Beeinträchtigung und ausserhalb der üblichen Betreuungssituation sind fundamental wichtig.»
Goal! Die Scheinwerfer flackern, Jubel bricht aus. Alles steht, singt und tanzt auf den Rängen. Tom und Diego schlagen ein, lachen sich zu. «Mich erfüllt es mit einem endlos guten Gefühl, wenn Tom und ich mit dem Rest der Lakers-Fangemeinde verschmelzen, wenn der Puck im gegnerischen Netz zappelt.», sagt Diego. «Für mich sind diese Erlebnisse mit Tom aber auch immer Anlass zur Reflexion. Mir wird bewusst, wie viel Freiheit und Möglichkeiten ich als «normal beeinträchtiger Mensch» habe. Dafür bin ich sehr dankbar.» Das tönt nach einer Win-Win-Situation für die beiden.
5:2, auch die Lakers haben gewonnen. Ein Höhepunkt steht jedoch noch bevor: Tom und Diego bahnen sich einen Weg durch die Menge, um mit dem Spieler des Abends, Goalie Melvin Nyffeler, ein Selfie zu schiessen. Melvin bemerkt den Fan-Schal im veralteten Design an Toms Hals. «Wenn du das nächste Mal kommst, kriegst du einen Neuen!» verspricht er spontan. Dann geht es nach Hause – so langsam sind beide recht erledigt und erfüllt von den Eindrücken eines erlebnisreichen Abends.
Die Stiftung Züriwerk sucht laufend Personen, welche Menschen der Stiftung Züriwerk zu ihren Hobbys und zu Freizeitaktivitäten begleiten oder Fahrdienste zu Feriendomizilen oder Anlässen übernehmen. Interessiert an einem Freiwilligen-Einsatz?
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Text: Caroline Waldburger