Ein Plus an Unterstützung
Leistungen, die die Stiftung trägt
Jenny Hofmann, Leiterin Fachbereich Agogik, über ungedeckte Kosten zu Gunsten der Mitarbeitenden und Bewohnenden.
Ein Plus an Unterstützung
Jenny Hofmann, Leiterin Fachbereich Agogik und Mitglied der Geschäftsleitung
Text Jenny Hofmann
«Menschen mit Beeinträchtigung sollen möglichst kompetent mit einem möglichst gesunden Körper an möglichst normalisierten Lebensbereichen teilnehmen und teilhaben.» Dieser Leitsatz der Funktionalen Gesundheit beschreibt das Ziel, auf das wir mit den Menschen, die bei uns in der Stiftung Züriwerk wohnen und arbeiten, hinarbeiten. Wir wissen, dass teilzuhaben und sich (selbst-)wirksam zu erleben, entscheidend zur psychischen und physischen Gesundheit beiträgt. In vielen Fällen gelingt dies mit der fachlichen Arbeit der Begleitpersonen in den Wohn- und Arbeitsangeboten. Manchmal aber braucht es ein Plus an Fachlichkeit und Vernetzung ausserhalb der regulären Begleitung. Zum Beispiel bei der Umsetzung neuer (rechtlicher oder politischer) Standards, grenzverletzendem Verhalten, medizinischen Herausforderungen, bei Menschen mit komplexen Beeinträchtigungen und Themen oder wenn jemand mehr Unterstützung als gewöhnlich braucht, um sich mitteilen zu können und verstanden zu werden. Dies alles ist elementar für gelingende Teilhabe und Inklusion.
Viele Aufgaben für den Fachbereich Agogik
Im Fachbereich Agogik nehmen wir die Impulse aus der Stiftung, der Politik, der Branche und Gesellschaft auf. So entwickeln wir zusammen mit der Geschäftsleitung die agogische Stossrichtung sowie Standards und setzen diese partizipativ mit den Fach- und Führungspersonen sowie Klientinnen und Klienten um. Die vielfältigen Leistungen dieses Fachbereichs sind dabei durch Umlagen aus der direkten Abgeltung von Begleitleistungen finanziert und oft nicht zu 100 Prozent gedeckt. Deshalb sind, gerade für innovative Projekte, Spenden für uns eine wichtige Einnahmequelle.
UK-Aufbau durch Spenden
Ein Beispiel dafür ist die Fachstelle Unterstützte Kommunikation (UK). Diese konnten wir nur dank Spendengeldern aufbauen. Seit 2023 schaffen wir mit diesen Geldern UK-Materialien an und schulen damit gezielt Fachpersonen wie auch Klientinnen und Klienten. Obwohl UK als Fachthema keine Innovation mehr ist, war dies ein Meilenstein für Züriwerk. Nun gilt es, die Spendengelder nachhaltig einzusetzen und den weiteren Erhalt der Fachstelle zu sichern. Wir stellen fest, dass viele Konflikte oder auch herausforderndes Verhalten vermieden werden können, indem Missverständnisse aufgrund einer Sprachbehinderung oder Leseschwäche gar nicht erst entstehen.
Steigender Bedarf an psychosozialer Beratung
Um Teilhabe, sei es in der Institution oder in der Gesellschaft, leben zu können, sind viele Fähigkeiten sowie persönliche und soziale Kompetenzen nötig. Wo Menschen sich begegnen, zusammenarbeiten oder wo sie begleitet werden, entstehen Konflikte. Manchmal sind es kleine Dinge, Missverständnisse, Nichtwissen und schon kriselt es. Zudem beobachten wir seit einigen Jahren einen steigenden Bedarf an psychosozialer Beratung, welche auch mit der Ambulantisierung der Psychiatrien zusammenhängt. Sehr gute Beobachtungsgabe und agogisches Geschick sind nötig für eine gelingende Zusammenarbeit mit Fachteams, Psychiatrien, Therapeuten oder externen Fachspezialisten sowie Angehörigen. Hier leisten die Beratungs- und Kriseninterventionsstelle und eine Peer-Beraterin wichtige Unterstützung. Was eine
Peer-Beraterin macht, lesen Sie ab Seite 22.
Gesunder Körper – gesunder Geist
Da wir ein soziales Unternehmen sind und nicht auf einer Pflegeheimliste stehen, können wir keine Gelder für spezifische Pflegeleistungen abrechnen. Menschen mit komplexen körperlichen Behinderungen haben Bedürfnisse, die über die Grundpflege wie etwa die Hilfe bei Körperhygiene gehen. Die Herausforderungen sind umfangreich: Menschen mit Epilepsie, Diabetes oder solche, die künstlich ernährt werden müssen, sind auf intensivere pflegerische Begleitung angewiesen. Dies leisten die Begleitpersonen mit der Unterstützung des Fachdienstes Gesundheit meist ohne zusätzliche finanzielle Abgeltung durch Krankenkassen oder kantonale Mittel. Längst wissen wir: Ein möglichst gesunder Körper ist zentral für persönliches Wohlbefinden und Teilhabe. Liegt hier etwas im Argen, helfen weder agogische Bemühungen noch gut etablierte Begleitbeziehungen.
Bildungsangebote für alle
Um alltäglichen und weniger alltäglichen Herausforderungen professionell begegnen zu können, braucht es gut und spezifisch geschultes Fachpersonal, aber auch gut entwickelte persönliche Fähigkeiten. Ein etabliertes und fachlich fundiertes Fortbildungsprogramm setzen wir in unserer Stiftung auch inklusiv um. Das heisst, Fachpersonen wie auch Mitarbeitende profitieren davon und können die Bildungsangebote gratis nutzen. Mehr zum Thema Fortbildung für alle lesen Sie ab Seite 26. Im Bereich der Aus- und Weiterbildungen investieren wir: Züriwerk unterstützt das Personal wie auch Mitarbeitende finanziell bei der Ausbildung sowie internen und externen Weiterbildungen, was dieses Jahr rund CHF 135’000.– ausmachte. Denn wir sind überzeugt, dieser Einsatz lohnt sich für die Menschen, die Begleitleistungen von Züriwerk beziehen, nachhaltig.
Kosten, die sich lohnen
Unser Engagement für noch individuellere agogische Begleitung und medizinische Beratung übersteigt die vom Kanton vorgegebene Massgabe, bleibt aber für uns selbstverständlich. Natürlich erzeugen wir damit ein Spannungsfeld zwischen Bedarf und Ressourcen. Denn was der Kanton nicht bezahlt, trägt die Stiftung. Dabei ist es uns wichtig, die richtigen Prioritäten zu setzen und unser «Plus» an Leistung sinnvoll einzusetzen. Wir sind stolz, mit dem Fachbereich Agogik und seinen Angeboten diese vielfältige Unterstützung bieten zu können. Damit bauen wir Barrieren ab, ermöglichen noch mehr Teilhabe und die Entfaltung von Potenzialen. Das Resultat sind positive Begegnungen und Chancen für alle – unser Beitrag als Stiftung Züriwerk auf dem Weg zu einer inklusiveren Gesellschaft.